Hinter Kalenderblatt und Plakatfassade - wie Spezialisierung gelingen kann

Hinter Kalenderblatt und Plakatfassade – wie Spezialisierung gelingen kann

Um mit einem Druckunternehmen erfolgreich zu sein, gibt es kein „Patentrezept“.
Deutscher Drucker zeigt am Beispiel des Unternehmens Staudigl-Druck, das nach eigener Aussage 15 bis 20 Prozent aller Plakate in Deutschland und rund 15 Mio. Kalender im Buchhandelsbereich produziert, wie man mit einer Konzentration auf wenige Produkte erfolgreich sein kann.

Wer Plakate drucken lassen will, die die Aufmerksamkeit des Betrachters einfangen, ist bei Staudigl-Druck in Donauwörth an der richtigen Adresse. So ließ beispielsweise Alb-Gold, ein Trochtelfinger Hersteller von Teigwaren, Werbeträger in überdimensionale Spätzle-Verpackungen verwandeln. Die wetterbeständigen und durchleuchtbaren Werbeträger mit 1,60m Breite und 3,85m Höhe warben in Form von City-Light-Postern in den Innenstädten von Stuttgart, Ulm, Freiburg, Karlsruhe und Reutlingen für die schwäbische Spezialität.

Seit Beginn spezialisiert

An klassischen Akzidenzen wie etwa Broschüren, dem Brot- und Buttergeschäft vieler Druckereien, ist man bei Staudigl-Druck nicht interessiert. Bis auf einen anfänglichen „Ausrutscher“ in die Glückwunschkartenherstellung, war man schon immer auf die Herstellung von Plakaten und Kalendern spezialisiert. Und auch heute machen Produktgruppen wie Displays und Verpackungen lediglich 20 Prozent vom Gesamtumsatz aus.

„Aufgrund der außergewöhnlichen Druckformatgröße, die wir mit unseren Maschinen realisieren können – wir haben die größten Bogenoffsetmaschinen, die es gibt – werden bei uns solche Spezialthemen realisiert“, erklärt Peter Mehrer, der heutige Inhaber des knapp 32 Jahre alten Unternehmens, der 1999 die Firma kaufte. Daher ist man bei Staudigl auch in der Lage, besondere Produkte, wie etwa die Spätzlewerbung, zu produzieren.

Plakate früher…

Plakate als Werbeform haben erst in der jüngsten Vergangenheit Einzug in das Bewusstsein der Kunden gehalten. „Die Plakatlandschaft sah früher noch etwas anders aus. Es gab viel weniger Motive und viel weniger Kunden, die das Plakat für sich genutzt haben. Und es gab natürlich auch weniger Werbekanäle“, erinnert sich Helmut König vom Vertriebsaußendienst. So galt das Plakat lange als sehr exotisches Medium, obwohl es in Form der Litfaßsäule bereits seit über 150 Jahren bekannt war.

Zudem wurden früher keine Plakate in einer Auflage unter 1 000 Exemplaren gedruckt. Vielmehr war es ungewöhnlich, wenn die Auflage bei einer Stückzahl von knapp 100 lag, was natürlich auch der damaligen Kundenstruktur geschuldet war. Zu den Auftraggebern gehörten beispielsweise große Brauereien und – ganz allgemein – die Großindustrie, die Plakate brauchte. Mittlerweile haben aber auch Kunden aus dem Mittelstand erkannt, dass sie Plakate für sich nutzen können.

…und heute

„Die Kundenstruktur heute ist viel verzweigter und wir haben einen viel breiteren Unterbau. Noch vor einigen Jahren lag die Kundenanzahl im Plakatbereich etwa bei insgesamt 100, heute sind es bereits um die 1 500“, resümiert Helmut König. Dass der Mittelstand diese Art der Werbung für sich entdeckt hat, liegt nicht zuletzt daran, dass 2003 der Digitaldruck in das Unternehmen eingebracht wurde und die Kosten für Kleinstmengen dadurch nach unten gingen, so Mehrer. Was die Veränderung der Kundenstruktur zusätzlich beschleunigte, waren Veränderungen in der Auftragsabwicklung, wie etwa durch Netzwerke und das Internet, die die Abwicklung erleichterten.

Durch diese verschiedenen Faktoren ist es heute möglich, Mengen bis hinunter zu „Auflage 1“ abzubilden und diese auch bezahlbar zu machen. Da die Abwicklungskosten für Kleinstmengen damals noch sehr hoch waren, musste zu dieser Zeit noch in größeren Mengen bestellt werden. Während das Plakat vor einigen Jahren nur von großen Unternehmen, beispielsweise für bundesweite Werbekampagnen, genutzt werden konnte, sind mittlerweile auch Einzelpersonen in der Lage, Liebesgrüße oder einen Heiratsantrag auf ein Plakat drucken zu lassen.

Individualisierung

Eine wichtige Rolle spielt bei Staudigl die individualisierte Großfläche, wie sie zum Beispiel bei Werbekampagnen zum Einsatz kommt. Besonders wenn ein Kunde, etwa eine Versicherung, Werbung in vielen Städten machen will und unterschiedliche Adressen auf dem Plakat vorkommen, zahlt sich dieses Verfahren aus. Dazu wird im Unternehmen das entsprechende Motiv mit Platz für einen individualisierten Händlereindruck in hoher Stückzahl im Offset vorgedruckt. Daraufhin werden die involvierten Einzelhändler über die Kampagnen informiert, diese buchen gewünschte Stellflächen und geben anschließend per Post, über Online-Tool oder via Fax ihre Daten ein.

Staudigl organisiert im Anschluss mittels einer großen Datenbank Adressen, generiert CI-konforme Eindruckdaten und stimmt diese nochmals mit den Einzelhändlern ab. Im Anschluss produziert das Unternehmen die gewünschte Stückzahl mit Eindruck in Digitalprint und liefert die Plakate an die Städtereklame. Dadurch ist es möglich, individualisierte Plakate gleichzeitig in den Städten hängen zu haben. Um eine solche Abwicklung ermöglichen zu können, müssen beide Prozesse, sowohl Offset-als auch Digitaldruck, im Haus zur Verfügung stehen.

Maschinenpark

Es wundert nicht, dass die vertretenen Maße im Maschinenpark von Staudigl recht beachtlich sind. Im Offset stehen dem Unternehmen zwei Manroland-900-Maschinen mit fünf Farbwerken, einem Lackwerk und einem Trockneraggregat im Format 130 x 185 cm zur Verfügung. Für das Format 74 x 104 cm findet eine Manroland 705 mit fünf Farbwerken, einem Lackwerk sowie einem Trockneraggregat Verwendung.

Im Digitaldruck ist Staudigl bereits bei der dritten Maschinengeneration angekommen. Hier produzieren zwei HP-Turbojet-Produktionsstraßen mit Rollen und Bogenanleger inline fertige, bereits getrocknete und geschnittene Plakate.
Eine der beiden Maschinen, ein HP Turbojet Plakatdrucker, bei dem eine Breite von 180 cm zur Verfügung steht, schafft 500 Quadratmeter in der Stunde und kann zwei Teile einer Großfläche auf einmal produzieren.

Für das Lösemittel, auf dem die Farben für die Maschine basieren und das durch einen Infrarottrockner ausgelöst und abgesaugt wird, hat man bei Staudigl noch eine Verwendung gefunden. Nach der Absaugung wird es zur Verbrennung aufbereitet und zum Heizen des Drucksaals verwendet.

In der Weiterverarbeitung kann das Unternehmen auf die europaweit größte Schneideanlage zurückgreifen, mit der Formate bis zu 240 cm verarbeitet werden können. Extra für Staudigl wurde sogar eine automatische Zuführung in den Rütteltisch konstruiert.

Das Falzen der fertigen Plakate wird bei kleineren Auflagen noch von Hand erledigt. Da es für Staudigl seit knapp acht Jahren Pflicht ist, Plakate für die Außenwerbung gefalzt abzuliefern, war es notwendig, für hohe Auflagen eine Falzmaschine anzuschaffen. Diese ist sogar in der Lage, das Bogenformat 130 x 185 cm zu falzen.

Zweiter Schwerpunkt

Doch Staudigl produziert – nach eigener Aussage – nicht nur 15 bis 20 Prozent aller Plakate in Deutschland (in Bayern soll es sogar ein Marktanteil von 50 Prozent sein), sondern auch rund 15 Mio. Kalender im Buchhandelsbereich. Damit stellt das Unternehmen rund ein Zehntel aller Kalender aus Deutschland. Für die entsprechende Bindung stehen drei Kalenderstraßen mit je 17 Stationen bereit, die alle in ein und derselben Zusammentragmaschine münden.

Was die Bindung der Kalender betrifft, kann hier jede Form der klassischen Verarbeitung gefahren werden. Die drei am häufigsten verwendeten Verarbeitungsarten sind die Wire-O-Bindung, die Doppellaschenbindung (360-Grad-Fälzel) und die so genannte Kopf- beziehungsweise Klapplaschenbindung (180-Grad-Fälzel).